Sarah Darge, Europabeauftragte beim Bezirksamt Neukölln von Berlin

Interview

NACHGEFRAGT bei Sarah Darge, Europabeauftragte beim Bezirksamt Neukölln von Berlin

Am 09. Juni 2024 finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt, sowie in mehreren Bundesländern die Kommunalwahlen. In beiden Fällen dürfen, im Vergleich zu Bundes- und Landtagswahlen, auch Staatsangehörige anderer EU-Staaten wählen. Wir von Pass[t] Genau, einem Projekt zur Unterstützung von Menschen im Einbürgerungsprozess, interessieren uns besonders für den Zusammenhang von Einbürgerung und politischer Teilhabe. Vor diesem Hintergrund haben wir mit Sarah Darge, der Europabeauftragten beim Bezirksamt Neukölln von Berlin gesprochen.

Sie sind Europabeauftragte von Neukölln. Was sind Ihre Aufgaben und Ziele in dieser Rolle?

Sarah Darge: Als Europabeauftragte in Neukölln bin ich zunächst einmal die Ansprechpartnerin in allen Themen, die Europa und die Europäische Union auf bezirklicher Ebene betreffen. Dabei kann es sich um EU-geförderte Projekte in Neukölln handeln, um die Arbeit in bezirksübergreifenden Arbeits- und Fachgruppen oder um europapolitische Öffentlichkeitsarbeit, wie beispielsweise jetzt im Vorfeld der Europawahlen. Dabei geht es nicht nur darum, übergeordnete politische Zielsetzungen der Europäischen Union gemeinsam mit Partner*innen aus der Verwaltung und organisierten Zivilgesellschaft auf lokaler Ebene umzusetzen, sondern auch die bezirklichen Bedarfe „nach oben“ zu kommunizieren.

Ein besonderer Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der Beratung zu EU-Fördermitteln. Meine Mitarbeiterin und ich helfen Trägern, Vereinen, Initiativen und Fachverwaltungen die passenden EU-Förderprogramme für ihre Vorhaben zu finden. Gerade wenn man noch keine Erfahrungen mit der europäischen Förderpolitik gesammelt hat und man sich zum ersten Mal um EU-Mittel bewerben möchte, gibt es einige Dinge zu beachten. Hier möchten wir helfen, sich in der Vielzahl von EU-Förderprogrammen zurechtzufinden.

Am 9. Juni ist Europawahl. Wie viele EU-Bürger*innen leben in Neukölln? Wie ist die Wahlbeteiligung bei den EU-Bürger*innen?

Sarah Darge: Knapp 30.000 der rund 330.000 Einwohner*innen Neuköllns sind Staatsangehörige anderer EU-Länder. Damit bildet diese Gruppe fast ein Drittel der ausländischen Einwohner*innen im Bezirk ab. EU-Bürger*innen, die in Deutschland leben und im Wählerverzeichnis eingetragen sind, können in Deutschland bei der Wahl zum Europäischen Parlament abstimmen. Jedoch gibt es meiner Kenntnis nach keine Statistik, welche die Wahlbeteiligung der hier lebenden Bürger*innen aus anderen EU-Staaten ausweist.

Warum war die Einbürgerung Ihrer Einschätzung nach bei EU-Bürger*innen bis jetzt kein großes Thema? 

Sarah Darge: Seit dem 01.01.2024 werden Aufgaben im Bereich der Einbürgerungen nicht mehr in den Bezirken bearbeitet, sondern vom Landesamt für Einwanderung (LEA). Als Europabereich im Bezirksamt Neukölln waren wir auch vor dieser Änderung nicht die erste Anlaufstelle für diesen Themenbereich gewesen. Dennoch beschäftigen wir uns natürlich mit der Frage, wie wir Angebote und Informationen im Bezirk auch möglichst gut auf die Bedarfe von Bürger*innen aus anderen EU-Ländern ausrichten können. Dies fängt schon damit an, dass beispielsweise Beratungsangebote oder Veranstaltungen mehrsprachig ausgerichtet und beworben werden.

Denken Sie, dass mit dem modernisierten Staatsangehörigkeitsgesetz, das unter anderem die Mehrstaatigkeit zulässt, die Einbürgerung bei EU-Bürger*innen in der Zukunft eine größere Rolle spielen könnte? Was ist Ihre Perspektive auf die Einbürgerung bei EU-Bürger*innen im Hinblick auf politische Teilhabe?

Sarah Darge: Aufgrund des Freizügigkeitsrechts ist es für Unionsbürger*innen relativ einfach, sich in der EU zu bewegen, aufzuhalten und erwerbstätig zu sein, wobei man rechtlich den Staatsangehörigen des anderen Staates weitestgehend gleichgestellt ist. Dies ist natürlich ein großer Vorteil, von dem wir nicht vergessen sollten, dass diese mittlerweile selbstverständlich gewordene Freiheit eine zentrale Errungenschaft der EU ist. Dennoch, mit der deutschen Staatsbürgerschaft und dem damit verbundenen Wahlrecht erlangen Bürger*innen die Möglichkeit, Politik von der kommunalen bis zur Bundesebene aktiv mitgestalten zu können. Gerade für Unionsbürger*innen ist das modernisierte Staatsangehörigkeitsgesetz daher besonders interessant.

Termine

Pass[t] Genau bei Beirat vor Ort

Germersheim

11. Feb 2024

Öffentliche Auftaktveranstaltung

Berlin

21. Nov 2023

Was Pass[t]? Workshops zur Bedarfsanalyse

Berlin

20. Nov 2023